Predigt zum 25-jährigen Kapellenjubiläum in Heumaden              19.06.2005

Gott in unserer Mitte

 

„Möge die neue Kapelle für alle Bewohner ein Ort der Begegnung mit Gott, eine Stätte der Versöhnung mit Christus und eine Insel der Hoffnung für das ewige Leben werden.“

 

Mit diesen Worten hat der damalige Pfarrer von Moosbach, Josef Fromm, in der Festschrift zur Kapellenweihe am 22. Juni 1980 sein Grußwort abgeschlossen.

Die Kapelle, die Du, lieber Geistl. Rat Georg Bauer, vor 25 Jahren als damaliger Stadtpfarrer von Vilseck, feierlich eingeweiht hast und die bis heute in der Mitte von Heumaden steht.

 

So wie hier in „Hamon“ gibt es viele schöne Kirchen in unserem Land. Unsere Vorfahren haben alles aufgeboten, um würdige Gotteshäuser zu schaffen. Aber nicht der Kunstwert macht die Kostbarkeit unserer Gotteshäuser aus, sondern was sie für uns bedeuten.

Unsere Kapelle will zunächst ein Denkmal sein im ursprünglichen Sinn des Wortes: ein Mal zum Denken, zur Erinnerung.

 

Was soll durch das Gotteshaus wach bleiben in unserem Herzen? Nichts Geringeres als die Anwesenheit des unendlichen Gottes in der Endlichkeit unserer Geschichte und Zeit.

Schon im Alten Testament hören wir das faszinierende Wort: .Macht mir ein Heiligtum! Dann werde ich in ihrer Mitte wohnen« (Ex 25,8; vgl. Jer 7,3; Lev 26,11). Das Johannesevangelium fasst die grundlegende Botschaft des Neuen Testamentes zusammen: »Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt« (Joh 1,14). Dieses Bauwerk erinnert uns an die Gegenwart Gottes in der Geschichte der Menschen.

 

Hier ist ein Haus, das uns Menschen auf Gott hin ausrichten will. Wir brauchen solche Orientierung, damit wir nicht verkümmern, damit wir nicht auf unser kleines Ich schrumpfen, damit wir vielmehr hineinwachsen in den Reichtum, den Gott uns gewährt, in das Umfassende unseres Lebens. Und jene Menschen, die den Weg zum Gotteshaus nicht mehr finden, verarmen; sie sind zu bedauern. Der russische Schriftsteller Solschenizyn schreibt einmal: »Das Läuten (vom Kirchturm) mahnte die Menschen, die kleinen Dinge ein wenig zu vergessen. Das Geläut war ein Hinweis, unsere Stunden und Gedanken der Ewigkeit zu widmen. Die Kirche bewahrte so die Menschen, abzusinken auf vier Beine, also zu Tieren zu werden

 

Solange unsere Kirchen und Kapellen als steingewordene Glaubensbekenntnisse die Botschaft Gottes künden, so lange werden die Menschen, trotz aller Säkularisierung, nie ganz vergessen können, dass ein Gott ist, der sich um sie kümmert.

 

Doch das Gotteshaus ist nicht nur Denkmal an Gottes Heilshandeln in der Vergangenheit. Es trägt auch die Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde in sich. Die Verheißung, dass Gott unverhüllt unter uns wohnen wird, dass er alle Tränen von unseren Augen abwischen wird, dass kein Tod mehr sein wird, kein Leid und kein Schmerz, dass alles neu wird, der Himmel und die Erde (vgl. Offb 21,1-4).

Deshalb hat man die Kirche nicht nur als Haus Gottes bezeichnet, sondern auch gerne als »Pforte des Himmels«. Unsere Barockkünstler haben es verstanden, diesen Himmel in einzigartiger Weise bildhaft darzustellen. Hier ist für unsere Sinne anschaulich geworden, was es Herrliches ist um die Gemeinschaft derer, die zur letzten Befreiung und äußersten Freude berufen sind.

Der Dichter der „Göttlichen Komödie“, Dante sagt einmal: »Wer nicht nur auf den Boden stiert wie ein Tier, sondern aufrecht mit weitem Blick in den Himmel zu schauen bereit ist, der erkennt hier, auf welche Sinnfülle und Glück unser jetziges Leben angelegt ist. Wir sind nicht ein Samenkorn, verlassen und verloren in die Weite des Universums hineingeworfen, sondern die Wege, die wir gehen, führen zum großen Ziel, das Gott selber ist

 

Wir haben daher keinen Grund, in diesen schwierigen Zeiten zu verzagen. Die Kirche als Ganzes ist vielmehr eine Gemeinschaft zuversichtlicher Hoffnung. Das haben wir doch jetzt erst wieder deutlich gesehen beim Tod des letzten Papstes und der Wahl des neuen Papstes, unseres Benedikt XVI. Wie diese Ereignisse uns alle, vor allem auch junge Leute betroffen gemacht haben und wie wir uns gefreut haben über den neuen Papst aus Bayern!

Ja, unser Gotteshaus ist und bleibt die froh machende Verheißung, dass er uns nie verlassen wird, dass wir alle immer wieder unsere Freude in Gott finden können.

 

Liebe Mitchristen,

Ende Mai gab es den evangelischen Kirchentag in Hannover. Er stand unter dem Motto: „Wenn dein Kind dich morgen fragt“. Der Satz lässt uns an die Zukunft denken: An unsere Kinder und jungen Menschen. Wir Erwachsenen sind für sie verantwortlich  -  und dazu zählt vor allem auch die Weitergabe der geistigen und religiösen Grundlagen der Gesellschaft. Wenn unsere Kinder uns nach dem Glauben fragen, können wir ihnen ausreichende Antworten geben? Können wir ihnen sagen, dass die Familie und die Kirche Gemeinschaften sind, die treu an Gott festhalten, an seinen Geboten, die das Recht achten, weil das uns zu freien Menschen macht?

Unser Leben braucht Fixpunkte, Werte, an denen sich unsere Kinder und Jugendlichen orientieren können. Sie braucht vor allem einen Fixpunkt, den wir niemals preisgeben dürfen: Sie braucht unseren Erlöser und Heiland Jesus Christus.

Dreimal am Tag werdet Ihr, liebe Hamoner, durch die Glocke auf dieser Kapelle zum Gebet erinnert. Früher hat man alles liegen und stehen lassen, wenn die Glocke zum Engel des Herrn rief:  Beginn den Tag mit Gott, denke am Mittag daran, dass auch Dein Leben eine Mitte braucht, und schließ den Tag mit einem dankbaren Blick auf Gott.

und heute?  --- Die viele Arbeit, das Fernsehgerät überstrahlen und übertönen die leisen Stimmen des Glaubens und der Besinnung.

Unser Kapelle sagt uns: Hier erfährst du deine eigentliche Heimat.

 

Von dieser Mitte her erfahren wir dann zugleich unsere Sendung in die Welt hinein. Wie das Gotteshaus in der Mitte des Dorfes steht und ins Land hineinragt, so darf unser Glaube nicht im Privaten stecken bleiben und in das Innerste eingesperrt werden. Es geht nicht nur um unsere persönliche Erbauung. Wir dürfen nicht die Welt den Spaßfanatikern und den Materialisten und Atheisten überlassen.

Von dieser Mitte her werden wir immer neu gesandt in unseren Alltag und in die Welt von heute, damit wir Raum schaffen für Gott in uns und um uns, dass wir der Ordnung Gottes Geltung verschaffen, dass wir das Reich Gottes aufbauen helfen. Jede Eucharistie schließt mit der Aufforderung: »Gehet hin in Frieden«: Geht, ihr seid gesandt in euren Alltag, in die Welt. Geht hin im Frieden und in der Freude Gottes, schafft Frieden, und bringt Freude!

 

Liebe Hamoner, liebe Mitchristen!

Begreifen wir unser Gotteshaus immer neu als Denkmal an Gott, als Verheißung unserer Vollendung und als Mitte unseres christlichen Lebens! Als sichtbares Zeichen, das uns immer neu auf den Sinn und das Ziel unseres Lebens hinweist. Amen.