4. Ostersonntag A: Zeugen gesucht / Aktionstag gegen Gewalt   13.04.2008

 

Uns allen ist jener Vorfall in Erinnerung, als von einer Autobahnbrücke ein acht Kilo schwerer Holzklotz geworfen wurde. Getroffen wurde ….

Jetzt sucht man den/die Täter. Wer kann so etwas machen?

In Verdacht:  eine Gruppe Jugendlicher

Und jetzt werden Zeugen gesucht: Wer hat jemanden beobachten, gesehen, ..?

 

Seid meine Zeugen! So heißt das Motto zu diesem 4. Ostersonntag: Sonntag des Guten Hirten, der immer auch der Weltgebetstag für geistliche Berufe ist.

Zeugen: Jeder von uns war schon einmal Zeuge:

Bei einem Ereignis, Naturschauspiel, Geburt eines Kindes, Unfall, Trauung…

Ob gewollt oder unfreiwillig: Alles, was uns passiert, tief bewegt macht uns zu Zeugen.

 

Ein Zeuge der besonderen Art war Pfarrer Josef Losch. Er wurde am 29. Januar 1945 in Berlin-Brandenburg hingerichtet, weil er ein Zeuge war von einem aufrechten, unbeugsamen und couragierten Menschen und sich gegen die Gewaltherrschaft des nationalsozialistischen Regimes stellte, das ab 1933 alles in seine Gewalt bringen wollte. Auch das, was die Pfarrer von der Kanzel zu predigen haben.

 

Josef Losch wurde am 26. Januar 1900 in Rottendorf bei Nabburg geboren. Er wurde mit 25 Jahren in Regensburg zum Priester geweiht und wirkte als Seelsorger in Gleißenberg, Kelheim, Dingolfing, Neusorg. In Neusorg musste er erleben, wie die Nazis die Macht in Deutschland übernahmen. Losch erkannte bald das Verbrecherische an diesem Regime und redete freimütig und fruchtlos auf der Kanzel und in Sälen dagegen an. Schon hier hat man ihn durch die Partei überwacht.

Am 30. September 1933 wurde er nach Etzgersrieth versetzt, wo er bis 1938 unerschrocken wirkte. Eine Erinnerungstafel in der Kirche in Etzgersrieth erinnert daran.

Am 1. April 1938 trat er seine Stelle in Miesbrunn an. Aber auch hier dauerte es nicht lange, bis man ihn unter Druck setzte, weil er mutig von der Kanzel predigte, was er von Hitler und dem verbrecherischen Regime hielt. Gut gemeinte Mahnungen und Warnungen seiner Pfarrangehörigen überhörte er immer wieder.

 

Am Morgen des 16. Januar 1944 wurde das Pfarrhaus besetzt und nach Dokumenten gesucht, um ihn zu Fall zu bringen. Schließlich fanden sie eine Mappe mit Briefen an seine Freunde an der Front, wo er sie ermutigte:

„Vertrau auf Gott! Der unselige Krieg, ein Werk Hitlers, ist bald zu Ende!“

Oder: „Nie wieder ein religionsfeindliches System an der Regierung!“

Pfarrer Josef Losch wurde abgeführt. An der Kirchentüre blieb er noch einmal stehen, bekreuzigte sich und sagte: „In Gottes Nam“.

Am 24. November 1944 wurde vom Volksgerichtshof in Berlin das Todesurteil wegen „Wehrkraftzersetzung“ über ihn gefällt, das dann am 29. Januar 1945 um 14 Uhr vollstreckt wurde.

 

Pfarrer Josef Losch: Ein wahrhafter, mutiger Zeuge für Unerschrockenheit, Furchtlosigkeit. Woher nahm er die Kraft, worauf gründete seine Courage?

Neben seinem Charakter ganz gewiss auf seinem christlichen Glauben, dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen, dass man Unrecht beim Namen nennen muss und nicht schweigen und wegschauen darf, wenn anderen Böses angetan wird.

 

Ob damals die Gewaltherrschaft und heute die Gewalt an Autobahnen, U-Bahn-Stationen oder blutige Hetzjagden gegen Ausländer:

Immer braucht es Menschen, die sich nicht damit abfinden, dass sich Gewalt immer mehr ausbreitet;

-  es braucht Menschen, die mutig einschreiten, wenn an den Stammtischen andere fertig gemacht werden;

-  es braucht Menschen, die auch dann zu ihrem Glauben stehen, wenn dieser Glaube schlecht und lächerlich gemacht wird;

-  es braucht Zeugen für Jesus Christus, der Gewalt, Spott, Hohn, grausame Peinigung und schließlich den Verbrechertod am Kreuz auf sich nahm, um zu zeigen, was wahre Liebe ist.

Von diesem unserem Herrn Jesus Christus wollen wir Zeugen sein:

Zeugen für eine „Zivilisation der Liebe“ gegen eine Kultur des Todes.

Zeugen für eine Welt Gottes, in der Freiheit, Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden oberste Prinzipien sind.

 

Aber: Warum sieht es in unserer Welt anders aus?

Warum nimmt das Gewaltpotenzial unter den Jugendlichen immer mehr zu?

Warum marschieren sie in Stiefeln und Schwarzhemden durch die Straßen der Städte?

Warum greifen Jugendliche zu Waffen und töten wahllos Mitschüler oder schießen in Einkaufszentren in die Menschenmassen hinein und bringen zuletzt sich selber um?

 

Als Beispiel sei ein junger Mann noch genannt, der durch sein Leben darauf Antwort geben könnte. Er heißt Tim Guenard. Mit drei Jahren, so erzählt er in seinem Buch, wird er von der Mutter wie ein lästig gewordenes Haustier ausgesetzt. Beim Vater erlebt er fast nur Gewalt. Als Tim fünf Jahre alt ist, prügelt sein Vater ihn fast zu Tode. Dann folgen 2 ½ Jahre Krankenhaus, dann Aufenthalte in Psychiatrie, in Pflegefamilien. Schließlich gerät er in Kriminalität, Prostitution, wird gewalttätig.   – Eine schockierende Lebensgeschichte, wie sie nicht brutaler sein könnte..

Aber dann begegnet er Menschen, die ihn lieben, die an sein Herz rühren.

Er lernt die Liebe kennen, er lernt Gott kennen.

Der gewalttätige Boxer und Schläger wandelt sich zu einem großen Liebenden.

Heute ist er 47 Jahr alt, verheiratet und hat vier Kinder.

 

Und so schreibt er in seinem Buch „Überleben in einer Welt ohne Liebe“ – und das uns allen heute mitgegeben: „Sich geliebt zu fühlen und es gesagt zu bekommen. Das ist die Zauberformel gegen die Gewalt, den Zorn, die Revolte.“